Mein 1. Marathon

am 26.04.15 in HH (Haspa Marathon)


Schnipsel

Hamburger Abendblatt
vom 27. April 2015




Ankommen ist das Ziel!

5:00 Uhr: Der Wecker klingelt, warum nur hatte ich ihn nur so früh gestellt? Draußen dämmert es und mir dämmert es auch: heute ist mein Tag. Das Training hat ein Ende und der Marathon ist da.

Ich mache mir heißes Wasser, nehme die Tasse mit ins Bett. Liege da und denke an den Tag, der vor mir liegt.

6:00 Uhr: Duschen, dann rein in die Sportsachen, drüber noch etwas Warmes.

Frühstücken (Rosinenbrot mit Nutella und Honig). Wasser trinken. Jetzt kein Kaffee mehr!

7:00 Uhr. Bus und Bahn bringen mich zum Messegelände, denn dort wird der Start sein. Meine Frau begleitet mich. Es sind erstaunlich viele Menschen mit roten Säcken unterwegs.  An der Haltestelle Messehalle ein Menschenauflauf, als wollen alle gleichzeitig zum Start.

7:45 Uhr: Meine Frau darf nicht mit in die Athletes Area. Also geht sie frühstücken, während ich mich auf dem Gelände umschaue. Meine Aufregung steigt und das getrunkene Wasser will wieder heraus. Vor den zahlreichen Dixi-Klos haben sich lange Schlangen gebildet. Ich gebe erst einmal meinen roten Sack ab, damit auch die wärmenden Sachen. Hoffentlich friere ich nicht bis zum Start.

8:15 Uhr: Endlich ein Dixi ohne Schlange!

wo nur ist mein Startblock?
wo nur ist mein Startblock?

8:30 Uhr: Wo ist mein Startblock? Er soll in der Marseiller Straße sein, in der Nähe der Tiefgarage des CCH. Die Startblöcke sind von A bis N gekennzeichnet und liegen links und rechts des Messegeländes. Vorne in Startblock A starten die Profis, hinten in Startblock N die Neuen. Ich gehe ganz nach hinten. Hier ist nicht so viel los wie weiter vorne.

8:40 Uhr: Meine Aufregung steigt. Ich fachsimpel mit einigen Läufern, um mich abzulenken. 

8:50 Uhr: Mist, ich brauche noch einmal ein Dixi! Verlasse meinen Startplatz und muss weit zurück ins Messegelände, um ein Freies zu finden.

warming up vor dem Start
warming up vor dem Start

09:00 Uhr: Den Startschuss höre ich auf dem Dixi. Der Kommentator redet jetzt ohne Unterbrechung. Offenbar kommt die Läuferschar in Bewegung. Ich kann das Dixi noch nicht verlassen...

09:10 Uhr:  Endlich komme ich wieder runter vom Dixi. Meine Frau hat mittlerweile schon angerufen, weil sie mich sucht. Wir treffen uns am Bürgersteig des Laufblocks N, Zuschauer kommen hier dicht an die Läufer heran. Wir nehmen uns noch einmal in die Arme und dann konzentriere ich mich auf meinen Lauf, mache ich warm.

09:15 Uhr: Die Gruppen A - J sind bereits gestartet, jetzt kommen die Läufer vor mir in Bewegung. Startgruppe K startet, die übrigen rücken

auf, starten ebenfalls. Auch die Läufer in meinem Startblock bewegen sich Richtung Startlinie. Vor mir laufen bereits über 15.000, hinter und neben mir warten noch 50 wie ich auf den Start. Eine Läuferin meint, ihr Puls steige gerade von sechzig auf neunzig an.  Mein Puls beschleunigt sich auch, ich kann ihn spüren.

Los geht's!
Los geht's!

09:21 Uhr: 21 Minuten sind seit dem Start vergangen. Meine persönliche Startzeit beginnt in dem Moment, als ich die Startlinie übertrete. Der Chip an meinem Laufschuh löst das Startsignal aus. Mein Rennen gegen mich selbst beginnt, die ersten Schritte sind bewusst langsam. Ich aktiviere Runtastic, meine Lauf-App auf dem  Smartphone. Dann lasse ich das Mobile in der Gurttasche verschwinden. Um mich herum viel Platz. Nach ein paar hundert Meter die Frage: bin ich zu schnell ? Noch einmal krame ich das Smartphone heraus und überprüfe die Geschwindigkeit. Nein! Sie war bisher richtig, ich laufe mit 7 Min/km. So kann ich in fünf Stunden das Ziel erreichen.

Kurs des 30. Haspa-Marathon
Kurs des 30. Haspa-Marathon

2 KM:  Noch einmal angel ich das Smartphone aus der Gurttasche hervor und überprüfe den Pace, ich bin zu schnell geworden, die anderen ziehen mich mit. Gerade laufen wir über die Reeperbahn, die im Morgenlicht nicht schön ausschaut. Auf dem Mittelstreifen liegen blaue Plastiksäcke und alte Pullover, die warmgelaufene Läufer hier abgestreift haben.

3 KM: Die erste Straßenmusik, der Rhythmus entspricht meinem Laufschritt, treibt mich voran. An der Max-Brauer Allee am Altonaer Rathaus werfe ich einen Blick nach links und sehe das Läuferfeld, das bereits auf der Palmaille entgegen kommt, die Läufer sind sieben Kilometer voraus. Ein kurzer Moment des Neides, dann freue ich mich wieder auf das, was vor mir liegt.

5 KM: Ich habe mich eingelaufen, meinen Rhythmus gefunden, laufe unter 7 min/km. Aber das weiß ich gar nicht, denn ich laufe nach Gefühl und lasse mein Smartphone jetzt in der Tasche. Denke nur, eine Uhr am Handgelenk, das die Geschwindigkeit und Pace anzeigt, wäre gut gewesen. Das Smartphone aus der Guttasche zu holen, ist einfach zu umständlich. In Ottensen säumen viele nette Menschen die Straße und feuern uns an. Da kommt der erste Getränkestand in Sicht. Obwohl ohne Durst, beherzige ich doch den Tipp aus meinen Laufbüchern: nutze jede Gelegenheit zum Trinken. Ich bleibe kurz stehen, greife einen der mir entgegengestreckten Plastikbecher, trinke das Hamburger Brunnenwasser im Gehen, werfe den leeren Becher fort und laufe weiter. Viele Trinkstellen werden folgen, an allen werde ich eine kurz pausieren und im Gehen trinken. Es wird gut tun.

6 KM: Othmarschen. Auch hier werden wir freundlich und lautstark angefeuert. Kinder halten uns Läufern ihre fünf zarten Finger erwartungsvoll gespreizt entgegen, denn sie möchten abgeklatscht werden. Ich berühre viele kleine Hände und bekomme zurück: „Du schaffst das, Michael“. „Du machst das gut, Michael“. Ich bin dankbar dafür. Meinen Namen haben sie auf meiner Startnummer gelesen.

8 KM: Ich brauche schon wieder ein Dixi! Davon gibt es reichlich, an jeder Kilometermarke ist mindestens eines aufgestellt. Aber immer stehen vier bis fünf Läufer davor. Also ab in die Büsche, wo man es gerade nicht sieht. Das ist eine Ordnungswidrigkeit!

10 KM: 1:10 Stunden bin ich unterwegs, da meldet sich der kleine Hunger und zeigt das Ende meines Glykogenspeicher an. Der Körper wird jetzt auf Fettverbrennung umsteigen oder ich muss Kohlehydrate nachschieben. Die erste Verpflegungstelle kommt da wie gerufen. Vorbei an Tischen mit Eigenverpflegung, Schwämmen und Wasserbehältern zum Eintauchen der Schwämme, aber Abkühlung ist heute gar nicht nötig. Dann lange Tischreihen mit Hunderten von Wasserbechern, von emsige Hände entgegen gestreckt mit aufmunternden Worten. Endlich die Tische mit den Bananen, bereits geschält und in kleinere und größere Stücke geschnitten. Welche Arbeit wurde hier im Vorwege wurde! Ich greife mir zwei kleinere Stücke im Vorbeigehen, zwei Tische weiter ein großes Stück. Happs und weg! Das Hungergefühl ist weg.

11 KM: Es geht runter zum Fischmarkt, welches Wohlgefühl, bergab zu laufen. Entlang der Hafenstraße sind nur noch wenige Zuschauer unterwegs, die uns anfeuern. Die meisten sind sicherlich schon gegangen, seit dem Startschuss sind schon bald zwei Stunden vergangen.

12 KM: Ganz anders an den Landungsbrücken, hier ist viel los. Aber auch an anderen Tagen ist es hier ja voll. 30 Meter vor läuft ein Mann, der mir auffällt: graue lange Hose, rotes Oberteil, sportliche Figur. Er läuft ungefähr meiner Geschwindigkeit, der Abstand bleibt. So lasse ich mich von ihm ziehen, ohne dass er es merkt. Ein Bezugspunkt im Brei der Läufer.

15 KM: Die zweite Verpflegungsstelle liegt schon hinter, der Wallringtunnel vor mir. Hier wird heftig gebaut, für den Verkehr ist der Tunnel schon seit Wochen gesperrt, aber eine Fahrspur ist heute für uns Läufer geöffnet worden. Es ist aufregend, langsam und zu Fuß durch den vollständig beleuchteten Autotunnel zu laufen. Hier ist es ganz still, nur das Getrappel der Laufschritte umgibt mich und für Momente ist der Marathonrummel weit weg.

16 KM: Mit dem Ende des Tunnels kehrt der Lärm zurück. Ich stelle fest, dass er auf mich motivierend wirkt. Entlang des Ballindamms geht es um die Binnenalster herum. Auf der anderen Seite die Läufer, die schon weiter sind. Ich wünsche, ich wäre schon dort. Aber es doch nur ein Kilometer bis dahin, in sieben Minuten werde ich schon dort sein. Beim Marathon braucht es manchmal so kleiner Tricks. Der Jungfernstieg ist voller Menschen, die uns lauthals anfeuern. Die Staffelläufer halten sich links und haben ihren ersten Übergabepunkt. Müde Läufer verschwinden, Frische erscheinen und setzen sich mit frischer Kraft ab.

17 KM: Auf der Lombardsbrücke überholt mich der Mann in Grau/Rot. Ich habe ihn zwischenzeitlich aus den Augen verloren und vergessen. Ich habe ihn überholt, ohne es zu bemerken. Nun ist er marginal schneller als ich. Ich will mich aber nicht überholen lassen und korrigiere meine Geschwindigkeit. So laufen wir eine Weile still nebeneinander her, bis ich ihn anspreche und mich für das Ziehen an den Landungsbrücken bedanke. Er erwidert, dass ich das gerade jetzt für ihn tue und er bewusst eine Weile hinter mir her gelaufen ist. Er heißt Frank und erzählt, dass er erst vor einer Woche beschlossen hat, mitzulaufen. Er hat beim Aufräumen seines

Gartenhäuschens die Medaille wiedergefunden, die er vor zehn Jahren zum 20. Hamburger Marathon erhalten hat. Wie schon damals ist es auch heute eine spontane Idee und die Fitness hat er durch regelmäßiges Fußballtraining. Ich erwidere, dass ich mich seit einem halben Jahr intensiv auf dem Marathon vorbereitet habe. Da wir beide dieselbe Zielzeit anstreben, beschließen wir, zusammen zu laufen, zumindest ein Stück.

Hinter dem Ferdinandstor kommt die Außenalster in Sicht, die Strecke führt rechts an der Alster entlang. Es tut gut, neben Frank und nicht mehr alleine zu laufen. Ich brauche schon wieder ein Dixi. Immer noch warten mehrere Läufer vor den aufgestellten Häuschen, so dass ich es mir verkneife...

Frank läuft rechts neben mir.
Frank läuft rechts neben mir.

21 KM: Die Hälfte ist geschafft. Hier wartet meine Frau auf mich. Als sie mich erblickt, ruft sie lauthals meinen Namen. Ich freue mich sehr, sie zu sehen, laufe auf sie zu, umarme sie kurz und schon geht es weiter. So kurz der Moment war, so nachhaltig ist der Effekt. Ich laufe mit neuer Kraft weiter, Frank kommt kaum mit. Sie macht sich zu Fuß Richtung Ziel auf und will noch einmal die Spitzengruppe sehen, die sie hier, wo ich jetzt laufe, vor langer Zeit schon hat mit doppelter Geschwindigkeit vorbei hasten gesehen. Währenddessen ziehe ich eine Schleife über Stadtpark und Alsterdorf. Ich habe noch zwei Stunden laufen vor mir.

23 KM: Endlich finde ich ein freies Dixi. Erleichtert trete ich kurz darauf vor die Tür, Frank ist aber schon außer Sicht. Er ist ohne mich weiter gelaufen, behindern wollen wir uns gegenseitig ja nicht. Dafür treffe ich eine Laufgemeinschaft, die die Strecke in fünf Stunden schaffen will. Zu erkennen ist sie an zwei lustigen blauen Luftballons, die sich ein Läufer und eine Läuferin am Gürtel befestigt haben. So schweben die Ballons über ihnen, eine große <5.0> ist weithin sichtbar. Wenn ich dicht bei Ihnen bleibe, scheint es mir ein Garant dafür, das Ziel in meiner geplanten Zeit zu erreichen. Ich will vor der Gruppe bleiben und mir einen Puffer herauslaufen. So gebe ich jetzt Gas und lasse sie hinter mir.

25 KM: Vorbei an der Verpflegungsstation. Ich nehme Wasser und Bananen auf, obwohl ich weder Durst noch Hunger habe. Aber ich soll! So steht es in den Marathonbüchern, es beugt Dehydrierung und Wadenkrampf vor. Während der Nahrungsaufnahme entspanne ich meine Muskeln beim Gehen. Die kurzen Pausen tut gut, aber da überholen die lustigen blauen Ballons. Mein Vorsprung war nicht so groß wie gedacht. Ich trabe wieder an und erst als ich die Ballons wieder hinter mir weiß, kann ich entspannter laufen. Die Szene wird sich an den nächsten Stationen wiederholen, bis wir uns bei KM 38 aus den Augen verlieren werden. Ich vermute, sie haben das Ziel vor mir erreicht.

28 KM: Im Norden baut sich eine dunkle Regenwolke auf und kommt rasch näher. In Alsterdorf beginnt es zu regnen. Es ist das erste Mal bei einem Hamburger Marathon. Warum ausgerechnet heute, warum bei mir? Erst nieselt es nur, dann regnet es heftiger. Der Regen geht durch bis auf die Haut, Trikot und Hose sind triefnass. Aber unangenehm ist es eigentlich nicht, auch nicht kalt. Ich war eh schon durch das Schwitzen feucht, nun bin ich halt nass. Nicht so schlimm. Es ist, wie mir zwei Tage zuvor ein Verkäufer im Sportgeschäft sagte, als ich aufgrund der Wetterprognose noch eine leichte Regenjacke besorgen wollte: "Regenbekleidung brauchst du beim Laufen nicht!"

30 KM: Die Schallmauer ist durchbrochen! Jetzt beginnt Neuland, denn so weit bin ich in meinem Leben noch nicht gelaufen. Meine vier Vorbereitungsläufe endeten bei 30km. Hinter dieser Grenze geht es mir erstaunlich gut, das Laufen ist noch ohne Beschwerden, ich habe auch noch Luft und Reserven. Vielleicht liegt es daran, dass ich langsam laufe, regelmäßig trinke und Bananen esse. Die angebotenen Energydrinks meide ich bisher noch, ich werde sie erst ganz zum Schluss versuchen, denn ich habe gelesen, dass sie auf den Magen gehen können, wenn man sie nicht gewohnt ist. Im Training habe ich darauf verzichtet. Und Durchfall auf einem Dixi ist eine Erfahrung, die ich während meines ersten Marathons nicht erleben möchte. Alles läuft rund, nur der Regen stört und viele Zuschauer hat er bereits vertrieben.

31 KM:  Der nördlichste Punkt ist in Ohlsdorf erreicht. Ab hier geht es Richtung Süden, zurück in die City. Jeder Schritt bringt mich näher ans Ziel, das motiviert. Doch gleichzeitig werde ich langsamer, das spüre ich. Die spätere Analyse zeigt, dass ich jetzt über 7 Min/km laufe, bisher lag ich unter 7. Ist es der Regen, die nasse Kleidung oder werde ich müde?

35 KM: Die Alsterkrugchaussee ist endlos lang und breit und wenig abwechslungsreich. Die wenigen verbliebenen Zuschauer sind sparsam mit Zuspruch und Beifall. Hier irgendwo wollte mich eine Freundin anfeuern. Ich kann sie aber nicht entdecken und bin enttäuscht. Eine persönliche Motivationsspritze hätte mir gut getan. Hat der Regen sie vertrieben? Später erzählt sie, dass sie da war, mich aber nicht beim Laufen stören wollte. Dabei braucht jeder Läufer doch seine Fans, gerade jenseits der 30km Marke!

36 KM: Eppendorf kommt näher. Die lange Durststrecke ohne Anfeuerung und Abwechslung ist zu Ende. Eine Sambagruppe sorgt für gute Laune, hämmert genau im Takt meines Laufs. Das belebt und treibt voran.

37 KM: Der Regen hört auf, die Straßen füllen sich wieder. Viele Menschen säumen den Eppendorfer Baum und machen Stimmung.  Ganz alleine laufe ich dem Klosterstern entgegen, zu den anderen Läufern und Läuferinnen ein Riesenabstand. So gilt der Beifall hier mir ganz alleine. Ich genieße den Augenblick. Aus den Anfeuerungsrufen kann ich eine Stimme isolieren, die ich kenne. Ein Bekannter, der gar nicht merkt, dass ich es bin, den er anfeuert. Bis ich auf ihn zulaufe und ihn begrüße. Da freut er sich, aber ganz nüchtern ist er nicht mehr.

39 KM: Auf der linken Alsterseite kann ich schon mal vorsichtig an das Ende denken. Viereinhalb Stunden bin ich bereits unterwegs. Ich werde noch langsamer, überhole zwar immer noch Läufer wie auf der ganzen Strecke schon, viele gehen hier bereits und halten sich die Oberschenkel, aber viele sind jetzt auch schneller als ich. Und dann ist Frank neben mir. Offenbar hatte ich ihn irgendwo überholt, ohne es zu merken. Erst bin ich schneller gewesen als er, jetzt ist es umgekehrt. Ich freue mich, ihn wieder zu sehen, und auch er grinst mich an, wir laufen nebeneinander her. Er erzählt, er habe lange gebraucht, um mich einzuholen und jetzt habe er Wadenschmerzen. Wahrscheinlich ist es sein Preis für das fehlende Langstreckentraining. Aber er läuft wacker weiter. Wir beschließen, uns gegenseitig zu ziehen und am Ende gemeinsam ganz genussvoll und langsam über die Ziellinie zu laufen.

40 KMAlte Rabenstraße, letzte Versorgungsstation. Banane hängen mir mittlerweile zum Hals raus.  Stattdessen versuche ich doch einen Energiedrink. Frank pfeift sich auch einen rein.

41 KM: Am Stefansplatz biegen wir auf den Gorch-Fock Weg ein. Frank klagt lauter über seine Waden, mir geht es immer noch erstaunlich gut. Offenbar wirkt der Energiedrink positiv auf mich, denn ich sage zu Frank: “Los, jetzt starten wir noch einmal ordentlich durch“. Mit diesen Worten gebe ich Gas, so dass er Mühe hat, mitzuhalten. Meine Finger zu einem O geformt, so, wie ich es auch beim Wandern tue, spüre ich noch einmal Kraft und Energie in meinen Körper fließen und wir schaffe es, wieder unter 7min/km zu kommen. Wir fliegen quasi die lange Steigung hoch, begleitet von Aufmunterungsrufen zahlreicher Zuschauer und der letzten Sambaband der Strecke. Das Ziel schon vor Augen, biegen wir in die Zielgerade ein. Aber zu sehen ist sie noch nicht. Eine Ordnungskraft ruft uns zu, als Frank und ich Kopf an Kopf an ihm vorbei laufen: „Noch fünfhundert Meter“! Nur noch fünfhundert Meter. Aber es dauert noch eine gefühlte Ewigkeit, bis wir den zu Ehren der Marathonies ausgerollten roten Teppich erreichen, der die letzten hundert Meter markiert. Kurz vor dem roten Teppich ein Ruf: „Michael, hier!“ Da ist meine Frau, sie hat einen Platz auf der Tribüne hundert Meter vor dem Ziel ergattert und winkt freudig erregt. Und schießt Bilder, als seien es die letzten von mir. Ich reiße die Arme hoch, so sehr freue ich mich, sie hier zu sehen.

nur noch 100m bis zum Ziel!
nur noch 100m bis zum Ziel!

41,2 KM: Endlich berühren die Schuhe den roten Teppich, die letzten 100 Meter sind angebrochen! Jetzt ist alles ganz leicht. Frank und ich haben beschlossen, den Einlauf zu genießen und traben ganz langsam nebeneinander her. Wir wollen gemeinsam - Schulter an Schulter - die Ziellinie erreichen.

Der Chip löst den letzten Peep aus.

Der Lauf ist vorbei.

Und ich bin glücklich in diesem Moment.

Ich habe es geschafft.

Zielzeit: 5h 03m.

Wir waren nur drei Minuten langsamer, als wir es uns vorgenommen hatten.

Aber das ist gar nicht wichtig, denn wir sind ja angekommen.

Kleine Statistik:


  • Es war der 30. Marathon in Hamburg, der Erste mit Regen.
  • Es gab über 20.000 Anmeldungen, aber 4.000 angemeldete LäuferInnen sind nicht angetreten.
  • 15.279 LäuferInnen waren am Start, 14.727 (96%) kamen im Ziel, 550 (4%) haben das Ziel nicht erreicht.
  • Ich bin unter den letzten 50 gestartet. Auf der Strecke habe ich mehr als 3.500 LäuferInnen überholt. Das wirkte motivierend. 
  • Erster Läufer im Ziel: Rotich, Lucas (KEN) in 2:07:17  (Pace: 3:01 Min/km)
  • 10.832. Läufer im Ziel: Michael in 5:03:40 (Pace: 6:56 Min/km)

LäuferInnen habe ich überwiegend von hinten gesehen, als Läufer wirkt der Marathon anders als auf den Bildern, die man sich anschaut, denn dort sieht man die Marathonis meist von vorne. 

Links